Book/Report FZJ-2018-03123

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Chemische Charakterisierung und bakterienphysiologische Bedeutung von reduzierenden Schwefelverbindungen in flüssigen Rückständen der anaeroben Abwasserbehandlung



1989
Kernforschungsanlage Jülich, Verlag Jülich

Jülich : Kernforschungsanlage Jülich, Verlag, Berichte der Kernforschungsanlage Jülich 2285, VIII, 242 p. ()

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Report No.: Juel-2285

Abstract: Es ist zur Einhaltung der zulässigen Grenzwerte nach dem Abwasserabgabegesetz erforderlich, Abläufe aus Anlagen zur anaeroben Behandlung organisch hochbelasteter Abwässer in Kläranlagen $\textit{aerob}$ nachzureinigen. Unklar war, ob diese Nachreinigung durch Sulfide behindert wird, die zu den typischen Inhaltsstoffen der Anaerobabläufe gehören. Um diese Frage zu beantworten, wurden zunächst neue Methoden zur quantitativen Bestimmung organischer Sulfide neben H$_{2}$S bzw. HS-/S$^{2}$- entwickelt. Vergleichende Untersuchungen der Abläufe der anaerober Fermentation von 10 verschiedenen Industrieabwässern ( u. a. Kartoffelindustrie, Stärkeherstellung und Hefeproduktion) führten zum Nachweis von H$_{2}$S, Methylmercaptan (MM) und Dimethylsulfid (DMS), ausnahmsweise auch von Dimethyldisulfid (DMDS), Schwefelkohlenstoff (CS$_{2}$) und Kohlenoxidsulfid (COS). H$_{2}$S wurde vorwiegend aus Sulfat gebildet und war in den Anaerobabläufen in Konzentrationen von 1 - 580 mg S/I enthalten. Bei mehrstufigen Prozeßführungen (9 von 10 Biogasanlagen bestanden aus zwei oder drei Teilstufen) enstanden infolge Proteinabbaus primär MM und DMS in den Vorstufen; die Abläufe der Endstufen enthielten in der Regel keine organische Sulfide mehr Ausnahmen waren zwei Anaerobprozesse mit hohen Proteinbelastungen., Das anaerob behandelte Abwasser einer Hefefabrik war zum Beispiel mit 10 g CSB/I, 4.5 mg MM/1 und 14 mg DMS/I belastet. Die Analysenergebnisse wurden in Schwefelbilanzen zusammengefaßt, die erstmalig die Stoffströme der verschiedenen Sulfide beim Anaerobabbau unterschiedlicher Abwässer quantitativ aufzeigen. Danach werden organische Sulfide teilweise zu H$_{2}$S abgebaut, zum Teil entweichen sie neben H$_{2}$S mit dem Biogas. Bei höheren Proteinbelastungen ist mit signifikanten Sulfidmengen in den Anaerobabläufen zu rechnen. Ausgehend von den Sulfidanalysen ließ sich untersuchen, inwieweit Sulfide die Belebtschlammaktivität bei der aeroben Nachbehandlung beeinflussen. In vergleichenden Untersuchungen zur aeroben Behandlung eines anaerob vorbehandelten Abwassers der Papierindustrie (Brüdenkondensat) bot das Belebungsverfahren mit diskontinuierlicher Abwasserzufuhr ("Intermittend Feeding") Vorteile gegenüber dem herkömmlichen Verfahren, da eine "Blähschlamm"- Bildung (Belebtschlamm mit ungenügendem Absetzverhalten im Nachklärbecken) verhindert werden konnte. Für Untersuchungen mit flüchtigen Substanzen wurde ein neuartiges Biotestverfahren entwickelt, das auf der Grundlage von oxidationskinetischen Untersuchungen des Belebungsprozesses durch wiederholte diskontinuierliche Substratzugaben eine simulatane Bewertung des Sauerstoffverbrauches infolge Substratatmung und Nitrifikation ermöglichte. Mit diesem Verfahren wurde nachgewiesen, daß organische Sulfide wie MM und DMDS besonders auf Nitrifikanten toxisch wirkten. Eine einmalige Belastung mit einem Sulfid/Modellabwasser- Gemisch (Konzentration CSB : 4100 mg/I, organ.S : 12.5 mg/l) genügte bereits, eine Hemmung des Sauerstoffverbrauches der Nitrifikanten in Belebtschlämmen aus kontinuierlich abwasserbeschickten Belebungsanlagen zu bewirken, während Belebtschlämme aus diskontinuierlich abwasserbeschickten Vergleichsanlagen auch nach mehrmaligen Hemmstoffgabennicht in ihrer Substratoxidationskinetik beeinflußt wurden. Die Nitrifikanten zeigten eine höhere Gifttoleranz und der Belebtschlamm eine Fähigkeit zur Adsorption der Sulfide, die bei Belebtschlämmen aus kontinuierlich abwasserbeschickten Vergleichsanlagen nicht in diesem Maße vorhanden war. Charakteristisch war, daß die Hemmung durch MM unter den Versuchsbedingungen nur eine zeitweilige Verzögerung der Nitrifikationsaktivität bewirkte, während DMDS die Nitrifikation nahezu vollständig hemmte. Es wurde für MM eine Entgiftungsmechanismus angenommen, wobei DMDS, das autoxidativ aus MM ensteht, nicht gebildet worden sein dürfte.DMS wie auch Na$_{2}$S und K$_{2}$S waren dagegen weniger oder gar nicht toxisch. Demnach kann eine Reihe mit abnehmender Hemmwirkung auf Nitrifikanten in Belebtschlämmen aufgestellt werden DMDS > MM > DMS > Na$_{2}$S. Für die anaerob-aerobe Behandlung hoch eiweißbelasteter Abwässer ist eine Proteinabtrennung vor der anaeroben Fermentation bzw. eine für proteolytische Bakterien optimierte Prozeßführung (pH>6) zu empfehlen, um eine weitgehendeMetabolisierung der organischen Sulfide zu H$_{2}$S zu gewärleisten. Gegenüber dem herkömmlichen Verfahren bietet als aerobe Behandlungsstufe das Belebungsverfahren mit diskontinuierlicher Abwasserzufuhr Vorteile, da sich dieses System unter Modellbedingungen als weniger störanfällig gegenüber Blähschlammbildung und Stoßbelastungen mit organischen Sulfiden erwies.


Contributing Institute(s):
  1. Publikationen vor 2000 (PRE-2000)
Research Program(s):
  1. 899 - ohne Topic (POF3-899) (POF3-899)

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 Record created 2018-05-22, last modified 2021-01-29